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Enduro ACT Griechenland

ACT - Adventure Country Tracks

 

 

Abfahrt Mi. 9.5.2018 um 9h in der Nähe von Stuttgart mit dem Ziel, die Fähre von Venedig nach Igoumenitsa am nächsten Tag um 4:30h Morgens zu nehmen. Bei Reutte/Tirol der erster Stau noch vor dem Fernpass - einspurige Verkehrsführung wegen Bauarbeiten. Auf der Brennerautobahn kurz hinter Innsbruck kracht es nur wenige Autos vor mir. Komplettsperrung… mit meinem Einzylinder schlängele ich mich zwischen Glasscherben und abgerissenen Plastikteilen durch...

Bei Sterzing/Südtirol nochmal ein Stau, verursacht durch einen liegengebliebenen Lkw. Leider klappt das mit der „Rettungsgasse bilden“ hier noch nicht so gut… Bei der ersten AB-Raststätte nach Sterzing/Südtirol halte ich zum traditionellen Cappuccino-Stop an. 

Bereits ab dem Fernpass ist leichter Nieselregen mein ständiger Begleiter, welcher ab Bozen in einen gepflegten Dauerregen übergeht. Wetter-Apps haben manchmal doch recht. Bei 5 - 9 C hole ich dann doch die Winterhandschuhe raus.

Bei Bozen geht es runter von der Autobahn ins Eggental, über die SS50 im Dauerschiff über den Passo Rolle, wo vor kurzem noch die Skipisten im Betrieb waren. Heute wirkt alles wie ausgestorben - geschlossene Fensterläden, kein anderes Fahrzeug unterwegs...  Weiter über den Cime di Grappa - die Streckenführung macht selbst auf nassen Strassen richtig Spass.  Auf der Südseite fällt der Gebirgszug nahezu übergangslos steil ab in die Poebene - mit einer beeindruckenden Fernsicht. Richtung Adria scheint der Himmel etwas heller und ein Ende des Dauerregens somit zumindest eine Option.

 

Nach einer kurzen Nacht im Hotel Palladio in Malcontenta klingelt um 2h morgens der Wecker - anschließend ist es nur eine 15 min Anfahrt zur Fähre in Fusina. 

Fr. 11.05. von Igoumenitsa nach Nafpaktos,

 

dem offiziellen Start des Tracks liegen ca. 290 km Küstenstrasse vor mir. Gebirgige Abschnitte wechseln sich mit Panoramastrecken direkt am Meer ab. Zum Frühstück fahre ich an eine kleine Bucht bei Parga, die ich fast für mich alleine habe. Mitte Mai scheint die Urlaubssaison noch nicht wirklich begonnen zu haben.
Die morgendlichen Wolkenfelder lösen sich bald auf und die Sonne ist mein Begleiter bis in den Nachmittag. Dann wird es dunkel und ein Gewitter zieht auf. Die letzten 40 km nach Nafpaktos fahre ich auf der Autobahn und ziehe am Gasgriff. Dem Regen kann ich dennoch nicht entkommen. Das Zimmer mit Meerblick und Balkon im Hotel Aki in Nafpaktos entschädigt - Danke für den Zimmer-Upgrade… Nach einem Kaffee und ein paar Einkäufen gehts zu Fuss hoch zur Burg mit einer top Aussicht über die Stadt und den historischen Hafen.

Da es am nächsten Tag abends auch wieder gewittern soll, frühstücke ich zeitig, um bald loszukommen.

 

 

Sa. 12.05. Nafpaktos - Kalavryta

 

Das Navi führt - warum auch immer - nicht auf dem vorgesehen Tacke sondern alternativ auf einer schönen Route nach Kalavryta. Als ich den Fehler bemerke, bin ich schon recht weit entfernt, so dass ich erst ca. im letzten Viertel des Tracks quer einsteige. Nachdem ich die Funktion im Garmin Navi „Route automatisch neu berechnen“ ausgeschaltet habe, klappt es die anderen Tage mit dem ACT. Um 15h komme ich im Xylino Chalet an. Ohne Gepäck fahre ich zum Kloster Moni Megalou Spegaleu welches direkt an eine steile Felswand gebaut ist. Wer etwas mehr Zeit hat, kann sich eine Zugfahrt mit der Schmalspurbahn durch das Tal gönnen. Die Trassenführung ermöglicht spektakuläre Ausblicke. Auf der Rückfahrt zum Hotel noch ein „kurzer“ Abstecher in die Berge - "frei Schnauze" sozusagen... Zu Beginn noch perfekter Teer und eine Spitzkehren-Trainingstrecke... später wechseln sich grober Schotter, Naturstrassen und Waldwege ab. In den wenigen Dörfern an der Strecke scheint niemand zu wohnen - oder die verstecken sich alle?  Ein Schäfer gibt mir auf meine Frage hin zu verstehen, dass es mit der nächsten Tankstelle etwas dauern wird. Gut, daß der Weg bergabwärts führt. Abends genieße ich eine vorzügliches Essen im Restaurant Enrico. Immer wieder erstaunlich, wie ein paar Griechen am Tisch eine Geräuschkulisse erzeugen, die der Fankurve beim Heimspiel des VFB Stuttgart in nichts nachsteht… Pappsatt schlendere ich noch durch die Fussgängerzone und dem durch EU Mittel finanzierten, verschönerten Dorfplatz. Die blauen EU-Förderschilder begegnen mir noch häufiger auf der Reise.

So. 13.05. Kalavryta - Ano Chora

 

Ein langer Fahrtag mit geringem Offroad-Anteil steht an. Nach dem Passieren der Brücke welche die Peloponnes mit dem Festland verbindet, fahre ich wieder an Nafpaktos vorbei. Mein Mittagessen genieße ich im Dorf Paralia Segourlas in der Sonne, begleitet vom Rauschen des Meeres am Kiessstrand. Nur wenige km weiter führt der geschotterte Track über fast endlose Spitzkehren steil den Berg hinauf. Oben ziehe ich die Regenkombi an. Zum Regen gesellt sich später Nebel und irgendwann sind die Böschungen neben der Strasse vom Graupel weiss gepudert… Der Waldboden ist aufgeweicht und gleicht eher einer Rutschbahn.  Als der Track wieder in Teer übergeht, bin ich ehrlich gesagt, nicht traurig. 

Der Track führt am See entlang zur einzigsten Tankstelle in der Gegend. Allerdings sind das in Summe ca. 40 km Umweg, die sich für mich als nicht sinnvoll herausgestellt haben. Ich habe in Nafpaktos vollgetankt inkl. 3 Liter in Reservekanistern.

 

Meine Übernachtung liegt ca. 14 km ausserhalb von Ano Chora im Dryades Guesthouse. Auch hier mit Küchenzeile und kleiner Terrasse. Die Kommunikation ist mangels kompatibler Sprachkenntnisse herausfordernd. Das Abendessen hat etwas Lotterie-Charakter - hat aber alles perfekt gepasst.

Mo. 14.5. Ano Chora - Karpenisi

 

um kurz nach 9h bin ich wieder auf der Strasse. Nach ein paar Kilometern kommt der Abzweig in einen Waldweg. Es sind heute zwar nur 130 km - aber überwiegend Gelände. Den vor mir liegenden Fluss gilt es zu queren. Allerdings scheint der nicht wirklich flach zu sein und es liegt noch viel grobes Geröll im Flussbett. Das schaue ich mir dann doch lieber vorher an... Bei einer Stelle reicht das Wasser nur bis unters Knie. Ein paar grössere Steine sind schnell beiseite geschafft und so bringe ich die KTM schiebender Weise ans andere Ufer. Später folgt noch ein ca. 100 Meter langer Abschnitt mit groben Geröll - einfach Gas geben, den Rest macht das Motorrad. Den ganzen Tag hat es immer wieder schlammige Abschnitte, die durch die vorhandenen Fahrspuren Aufmerksamkeit erfordern.

 

Abends komme ich bei einsetzendem Regen in Karpenisi an. Mein Hotel, das Epoches Luxury Suites liegt etwas ausserhalb aber sehr schön mitten in der Natur... Da ich fast der einzige Gast bin, gibt es wieder mal ein Zimmer-Upgrade. Der Restaurant Tip vom Chef: ein paar km südlich an der Hauptstrasse liegt das Restaurant Mesostrati Karpenisi. Leider heute geschlossen. Und auch der andere, in der Nähe gelegene, einladend wirkende Biergarten hat leider zu. Mangels attraktiver Alternativen bleibt der Supermarkt…

Di.15.05. Karpenisi - Neo Chori

 

Um kurz nach 10h beginnt der Fahrtag mit einer genussreichen Strassenetappe. Endlose Kurven schrauben sich den Berg hoch um anschliessend wieder ins nächste Tal hinab zu führen. Ein Abstecher führt zur alten Römerbrücke im Flusstal. Der Track verläuft weiter durch die Berge. Die Pisten sind meist frisch gerichtet, oder man ist gerade dabei. Fahrtechnisch nicht anspruchsvoll, aber die 150km bis zum Etappenziel ziehen sich und es braucht Kondition und Konzentration. Neben der Piste geht es oft fast senkrecht nach unten. Ich bin die meiste Zeit alleine unterwegs. Der Gegenverkehr besteht aus 2 Fahrzeugen - am ganzen Tag. Mittagessen gibt es nach ca. der Hälfte der Strecke im Restaurant Neromylos, idylisch in der Schlucht am Fluss gelegen. Es regnet ein paar Tropfen, die aber nicht durch die Blätter der Bäume dringen. Also wird draußen gegessen. Etwas weiter oben eine weitere Römerbrücke direkt neben der Strasse. Um 16:00h pünklich mit dem einsetzenden Regen komme ich in Neo Chori an. Am Ortseingang treffe ich Max und Markus, zwei Biker aus Österreich mit ihren KTM’s, die den ACT in die entgegengesetzte Richtung fahren. Gemeinsam quartieren wir uns im Pandion Boutique Hotel ein. Die Preisverhandlung wird mit Unterstützung der lokalen Polizei geführt, die gerade eine Pause einzulegen scheint. Abendessen kann man lecker ein paar 100 Meter weiter an der Strasse Richtung Norden.

 

Mi. 16.05. Neo Chori - Meteora

 

Nur wenige km vom Hotel beginnt schon der Einstieg in die Piste. Obwohl es die Nacht zuvor geregnet hat, ist die Piste am Anfang noch gut befahrbar. Die Mahnungen aus der ACT-Tourbeschreibung sind noch in weiter Ferne und „gelten ja eh nur für grosse Reiseenduros“... Da es sich um einen Holzabfuhrweg handelt, weist der Weg bald tiefe Spurrillen auf. Der anfänglich noch vorhandene Splitbelag weicht zunehmend einer Matschschicht.  Zwei schwere Lkw sind mit Aufladen von Holz beschäftigt und versperren den Weg. Unter tatkräftiger Mithilfe des Bedienpersonals werden ein paar sperrige Tannenäste beiseite gebogen und ich komme vorbei. Die Landschaft und die Wegführung beeeindrucken mit ihrer wilden Kargheit. Nach einigen weiteren Kilometern beginne ich mich zu zunehmend zu fragen, ob der Weg hinter der nächsten Kehre wirklich besser wird... zwischenzeitlich stehen die Felgen fast komplett im Morast und ich fräse mich den Berg hoch. Eine Kuhherde hat sich vor mir entschlossen, den gleichen Weg zu nehmen. Da auf keine meiner Initiativen, mich doch vorbei zu lassen, mit grösserem Interesse reagiert wird, macht es mir die Entscheidung, abzubrechen, einfach. Die nächste Tanke wird gleichzeitig zum abdampfen genutzt. Das Motorrad riecht zum einen nicht mehr nach Kuhfladen und wiegt einige kg Dreck weniger. In ca. 70 km Entfernung liegen die Meteora Klöster, wo ich auch übernachte. Abends noch eine Genussrunde zu den Klöstern gedreht und ein paar Chinesische Touristen glücklich gemacht durch ein Foto mit dem „crazy biker from Germany“ ;-)

 

 

Do. 17.05. Meteora - Monodendri

 

Von Metrora nehme ich die Landstrasse nach Metsovo wo ich auf dem ursprünglichen ACT weiterfahre. Kurvenschwingen vor Bergpanorama ist angesagt.  

Am frühen Nachmittag treffe ich in Monodendri (Hotel Matzato) an der Vikosschlucht ein. Ein Spaziergang durch alte Gassen führt zum Kloster Agias Paraskevis und ermöglicht einen ersten Blick in die Schlucht. Danach geht der Weg an der Felswand entlang, weiter zum ummauerten Aussichtspunkt. Da es schon etwas später am Tag ist, kann ich die Aussicht alleine geniessen. Für schwindelfreie geht der Weg noch etwas weiter... auf einem Felsenvorsprung an der senkrecht abfallenden Felswand. Ein weiterer spektakulärer Aussichtspunkt in die Schlucht befindet sich ca. 6km weit entfernt, der Strasse bergauf folgend. Zunächst kommt man am "steinernen Wald" vorbei, einer bemerkenswerten Felsformation. Der eigentliche Aussichtspunkt befindet sich nur 100 Meter Fussweg von der Strasse entfernt. Die tiefstehende Sonne taucht das Tal in warmes Licht. Auch hier lässt sich die Aussicht mit Adrenalin puschen, indem man die Warnhinweise ignoriert und auf dem Vorsprung an der Felswand weiter folgt...

 

Als Übernachtungsalternative bietet sich auch das nur ein kurzes Stück talwärts liegende Dorf Vitsa an. Hier findet man auch einen schönen Dorfplatz mit riesiger Kastanie und Kirche. 

Freitag 18.05. Monodendri - Igoumenitsa

 

Der direkte Weg nach Igoumenitsa beträgt nur ca. 140 km - daher entscheide ich mich, trotz Regenwahrscheinlichkeit, einen Schlenker Richtung Norden durch die Berge zu machen. Die einsame, wenig befahrene Strecke führt an der Grenze zu Albanien entlang über Ampeleonas. Die Dörfer scheinen alle wie ausgestorben. Nur die Hunde finden mich interessant und begleiten mich jeweils wild kläffend ein Stück des Weges. An einer steilen Stelle ist die Strasse durch einen Bergrutsch zur Hälfte verschüttet - die andere Hälfte nur noch fragmenthaft vorhanden, mit tiefen Gräben, und vom groben Schotter bedeckt... Nach kurzem Sammeln und Konzentrieren hopple ich mit der KTM darüber. Etwas später komme ich an einem kleinen Dorfkaffee vorbei - Pause. Unter Einbeziehung der versammelten Dorfgemeinschaft gelingt es, bei der Chefin einen gemischten Salat zu bestellen. Am frühen Nachmittag komme ich in Igoumenitsa an, wo ich mein Zimmer im Hotel Paradosi beziehe. Mein Motorrad darf in die Garage. 

 

Wie jedesmal wenn eine Reise zu Ende geht, mischt sich Wehmut mit der Freude auf Zuhause... und auf die nächste Reise…

 

 

Fazit ACT Griechenland:

 

Ich selbst würde mich als erfahrenen Endurofahrer bezeichnen der sowohl eine BMW GS oder,  wie auf dieser Reise, eine KTM 690R fährt. Obwohl ich selbst alleine unterwegs war, kann ich die Empfehlung, mindestens zu zweit zu Reisen, gut nachvollziehen. Die Geländepisten empfand ich in Summe als eher einfach zu fahren. Allerdings hat der Regen speziell die Erdpisten teilweise stark aufgeweicht, so dass selbst ein ansonsten guter Reifen wie der Heidenau K60 Scout hier an seine Grenzen kommt. Auch eine simple Reifenpanne kann in dieser einsamen Gegend eine lange Wanderung bedeuten. Tag 3 war meines Erachtens der fahrtechnisch anspruchsvollste Tag. Highlight war eine Flussquerung, wo ich die KTM, entlastet vom Gepäck, durchschiebe. Mit der GS hätte ich das nur mit 1-2 Helfern gemacht. Im Herbst sollte das vermutlich entspannter ablaufen, da die Flüsse weniger Wasser führen. Weniger Gewicht bedeutet hier mehr Spass. Und bei Regen hört der Spass schnell auf. Geländeerfahrung sollte vorhanden sein.

 

Für mich ist es eine perfekte Woche mit der richtigen Mischung aus Spass & Spannung in einer beeindrucken Landschaft, mit freundlichen Menschen.

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Kommentare: 2
  • #1

    Marion Pulter (Montag, 18 Juni 2018 23:09)

    Eine echt beneidenswerte Reise hast du da gemacht, ruft bei mir unheimliches Fernweh hervor. Trotz alledem danke ich dir für diesen tollen Film, der genau die richtig Mischung hatte (Bilder, Drone, Roadfilms).

  • #2

    Schippy (Mittwoch, 02 Januar 2019 22:53)

    Klasse Bericht !!
    Wird bei meiner Vorbereitung helfen.

    Danke für die Mühe.
    Herbert aka Schippy