„Albanien - warum das denn?“
- Eine Frage, die mir öfter gestellt wird, wenn ich von meinen Urlaubsplänen erzähle…
Ein Land, das für Motorradfahrer - insbesondere für Enduristen traumhafte Möglichkeiten für alle Ansprüche bietet. Freundliche und hilfsbereite Menschen, abwechslungsreiche Landschaften und an vielen Stellen unberührte Natur.
Ein Land, das sich im Umbruch befindet, seine Weg sucht. Neue Hotels und Strassen werden gebaut, Stadtkerne saniert… Allerdings können die überall sichtbaren Industriebrachen, die oft deutlich
sichtbare Umweltverschmutzung und die Armut nicht darüber hinwegtäuschen, dass noch einiges zu tun ist…
Reisevorbereitungen:
Die KTM 690 Enduro hat sich als optimale Reisebegleiterin herausgestellt. Bereifung Heidenau Scout K60 - optimal für trockene Pisten; bei durchgehender Regenprognose würde ich aber zu einem gröberen Profil tendieren, da ich auf lehmigen, feuchten Passagen ein paar mal ordentlich ins Rutschen komme. Die Sitzbank von Touratech ist eine gute Wahl und ermöglicht auch längere Strecken im Sitzen zu fahren. Auf das Garmin Zumo 660 lade ich die Open-Sreets-Map Albanien von Raumbezug. Strassenkarte und Reiseführer von Reise Know-How und das Offroadbuch von MD MOT sind bei der Planung hilfreich.
Da ich alleine unterwegs bin, habe ich relativ viel Werkzeug dabei - was ich aber so gut wie nicht benötige. Auch die Reifenmontierhebel kommen nicht zum Einsatz. Genau so wenig wie der kleine 1,5 Liter Reservekanister - die Tankstellendichte ist hervorragend. Mit einer Tank-Reichweite von >150 km ist man, zumindest auf den von mir befahrenen Pisten, auf der sicheren Seite.
Gepäck:
Ein Enduristan Sandstorm 3s Tankrucksack und die Monsoon 3 Packtaschen haben in Verbindung mit einem leichten Rucksack ausgereicht. Ziel ist es, ohne Gepäckrolle auszukommen.
An- und Rückreise erfolgte mit der Fähre Venedig - Igoumenitsa. Eine überlegenswerte Option ist sicher auch die Anreise über Land und nur für die Rückfahrt die Fähre ab Igoumenitsa.
Ende September - 10 Tage liegen vor mir und ich fahre auf der Autobahn Richtung Brenner/Italien. Bei Brixen nehme ich die „Abkürzung“ über die Dolomiten - den Würzjochpass kann ich nicht einfach „links liegen lassen“…Cortina D`Ampezzo, Passo san Boldo… schließlich komme ich am Fährterminal in Venedig an. Achtung - nicht mit dem Kreuzfahrtschiff-Terminal in Venedig verwechseln.
Einen Tag später Rolle ich in Igoumenitsa von Bord zusammen mit einigen anderen Motorradfahrern. Bis zur albanischen Grenze sind es nur wenige KM - die Formalitäten gehen schnell und reibungslos (grüne Versicherungskarte nicht vergessen! - auch wenn das bei mir nicht kontrolliert wurde).
Mit der Seilzug-Fähre setze ich über nach Butrint und schaue mir die sehenswerte Ruinen-Stadt an. Auf dem Weg weiter nach Gyrokaster liegt die Quelle „Blue Eye“ bzw. Syri I Kalter. Da es schon spät am Nachmittag ist lasse ich es anschließend zügig über den kurvenreichen Muzines-Pass angehen. Die untergehende Sonne lässt die Schatten lang werden und taucht die Spitzen der umliegenden Berge in ein warmes Licht.
Da ich möglichst viel vom Land sehen will und fast jeden Tag den Standort wechsle, habe ich mich für Hotelübernachtungen entschieden. booking.com & Co. leisten hier auch in Albanien gute Dienste. Die von mir gewählten Hotels haben hohen Standard, freundlichen Service und ein gutes Frühstück. Bei Preisen meist zwischen 25 und 30 € (Nebensaison) bleiben keine Wünsche offen.

In Gyrokaster komme ich im Hotel 1790 Old Bazar unter. Beim Frühstück auf der Terrasse mit Blick über die Stadt vermute ich zunächst,
dass auf meinem Tisch das Buffett für alle Hotelgäste aufgebaut wird - angesichts der Menge und der Auswahl…
Am nächsten Tag lerne ich zum einen, dass Berat eine sehr schöne Altstadt hat und zum anderen meine Grenzen kennen… Die Strecke führt
zunächst über Kelcyre, Suke, Butz nach Berat. Die meist gut zu befahrene Schotterstrecke führt auf Kammstrassen über die Bergrücken und gibt den Blick weit ins Land frei. Da ich es nicht gleich
am ersten Tag übertreiben will, suche ich mir für die Rückfahrt eine gut ausgebaute Strasse aus - laut Karte!…. Ich komme nachts in Gyrokaster im Hotel an und falle ohne großes „Vorspiel“
in einen erschöpfungsähnlichen Tiefschlaf.
Die Fahrt zum Ohrid-See im Süd-Osten von Albanien führt über Permet, Leskovik, Force bis nach Pogradec. Die geteerte Strecke ist zum großen Teil in einem schlechten Zustand, führt dafür aber durch einsame Gegenden und Landschaften.
Das Zimmer im Hotel Millennium wartet mit einer kleinen Terrasse und Blick auf den See auf. Das Motorrad darf an der Rezeption parken. Auch das Abendessen wäre sicher gut gewesen, wenn ich eins bekommen hätte... Trotz mehrfachem Nachfragen will niemand meine Bestellung aufnehmen....Gab aber zum Glück noch andere Restaurants…
Nach dem Frühstück geht es bis Librazhd über Teer, da eine lange Tagesetappe vor mir liegt. Bei Mukur nehme ich die Brücke über den Drin - dem Fluss folgend geht es in die Berge. Für den Rest des Tages habe ich die Berge fast für mich alleine - nur wenige Fahrzeuge begegnen mir. In Kukes kann ich mein Hotel „Oda Kuksit“ zunächst nicht finden. Sehr gut versteckt liegt es in in einer Nebenstrasse, an der ich mehrfach vorbei fahre. Warum auf den Einsatz jeglicher Hinweisschilder verzichtet wird erschließt sich mir nicht…Dank Unterstützung von Einheimischen wird der Hotelbesitzer per Telefon informiert, der mich kurz darauf mit seinem Wagen zum Hotel eskortiert.
Mit der Tatsache konfrontiert, dass die verbleibenden Tage mit jeden Tag weniger werden (!), verzichte ich auf das Valbona Tal und die anschließende Fahrt mit der Korman-Fähre. Stattdessen nehme ich die Landstrasse SH5 Richtung Shkodra. Nach einiger Zeit des Herumkurvens frage ich mich, ob diese alte Verbindungsstraße in Wirklichkeit nicht eine Super-Moto Trainingsstrecke ist. Aber irgendwann kann ich keine Kurven mehr sehen… der Versuch, auf einen 60km/h Schnitt zu kommen, scheitert. Das liegt nicht nur an den engen Kurvenradien der Bergstrecke, sondern auch am rutschigen Straßenbelag.
Bei Gregjan biege ich ab auf eine Nebenstrecke - ca. 90 km Schotter durch einsame Bergtäler sind Balsam für die Biker-Seele allerdings suboptimal für die schmerzenden Handgelenke.

Shkodra hat eine hübsche „Altstadt“, die aber nur aus 2 Strassen besteht - und eignet sich als Startpunkt für eine Tour über den Theth-Pass. Das Hotel Rose Garden in Laufweite zum Stadtzentrum kann ich empfehlen. Alles nagelneu renoviert - hier hat alles gepasst inkl. dem abschließbaren Hof für die Fahrzeuge.
Die Rundtour über den Theth - Pass ist einer der Höhepunkte meiner Reise. Die Anfahrt bis Boge ist mittlerweile geteert - danach windet sich die Schotterstrecke durch die Berge und gibt immer wieder beeindruckende Panoramaaussichten zum Besten. Teilweise ist der Schotter recht grob, genau wie die Felsplatten und die darin enthaltenen Stufen. Für den Unimog aus Heidenheim eine leichte Übung. Die wahren Helden sind für mich die albanischen Fahrer, die diese Überlandstrecke mit ihren alten Mercedes T1 Transportern Tag für Tag befahren - Respekt!
Ich stehe an der Furt durch einen relativ breiten und schnell fließenden Fluß und frage mich, ob es nicht besser wäre, die komfortable Brücke weiter oben zu nehmen… Den Rest der Reise fahre ich mit feuchten Stiefeln (war ja klar…).

Die nächste Etappe ist das südlich gelegene Kruja - bekannt für seine mittelalterliche Stadt und die Burg. Allerdings wird meine Aufmerksamkeit auf ein kleines Schild „Mountain Road“ gelenkt. Was folgt ist eine frisch geteerte Straße, die steil am Hang an der fast senkrechten Felswand entlang den Berg hinaufführt. Ganz oben am Gipfelparkplatz hat man dann einen unvergleichlichen Ausblick auf die weit unter einem liegende Ebene - wow…
Weiter geht es unspektakulär Richtung Küste nach Durres, Fier, Vlora. Abwechslung bringt das eine oder andere Tier, welches spontan die Fahrbahn kreuzt oder ein fehlender Gullydeckel mitten auf der Überlandstrasse.
Ab Dukat bis Piqeras wird die Küstenstrasse zur Traumstrasse, die immer wieder den Panorama-Blick auf das Meer freigibt. Der Abschnitt wird zu Recht albanische Riviera genannt. In Porto Palermo halte ich an und schaue mir die Ali Pascha Burg an. Schade dass die Miet-Appartments direkt gegenüber verwaist sind - Nachsaison … So rolle ich gemütlich weiter Richtung Süden, begleitet von einem Bilderbuch-Sonnenuntergang.
Die Fähre legt in Igoumenitsa mit 6h Verspätung ab - mein Plan, auch bei der Rückfahrt über die Dolomiten zu fahren, erübrigt sich somit. So bleibt mir nichts anderes übrig, als auf die Autobahn zu fahren und den Gasgriff für 750 km umzulegen… Spätestens ab dem Brennerpass und dem einsetzenden Nieselregen aus wolkenverhangenem Himmel fange ich an, mir über die nächste Reise Gedanken zu machen…
www.Energy-InMotion.com
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Silvester (Sonntag, 06 November 2016 23:03)
Super geschrieben, sehr autentisch u (wie immer) super Bilder. Werde mir dein Bericht als Vorlage speichern u hoffen dass ich die Tour, wenn auch nicht 1:1 "nachfahren" aber zumindest als Inspiration herholen kann.
Heiko (Sonntag, 06 November 2016 23:55)
Silvester: Vielen Dank!
Michl (Sonntag, 14 April 2019 22:19)
Sorry, ich habe im Bericht die Antwort auf meine Reichweite Frage überlesen...
Gerne alles löschen bitte...