Die Idee & der Plan
Abenteuer, Sehnsucht und Neugierde – daran denke ich, wenn ich mir ein Ziel für die nächste Reise überlege. Für 2 Wochen über
Ostern scheint Marokko ideal, da Nordafrika zu dieser Jahreszeit bereits angenehme Reisetemperaturen verspricht. Da die Liste der zu besuchenden Orte lang ist, viele Fotostops vorgesehen sind und
ein wenig Abenteuer auch dabei sein soll, habe ich mich für eine Reise ohne Begleitung entschieden.
Ein paar Infos zur Reiseplanung und zur Ausrüstung sind am Ende des Beitrags.
Die Anreise
Samstagmorgen um 6:30h verlasse ich die heimatliche Garage und starte bei leichtem Nieselregen nach Genua. Auf dem Bernardino Pass bedauere ich, keine Winterhandschuhe dabei zu haben - die Berge hüllen sich noch in Weiss …
Um 15:00h komme ich bei Sonnenschein und angenehmen Temperaturen im Hafen von Genua an. Bei der Ansicht der vielen hoffnungslos überladenen Transporter kommt erstes Nordafrika –Feeling auf… An Bord beziehe ich meine Kabine, wo ich mich gemütlich für die nächsten 2 Tage einrichte… Nicht nur in den Aufenthaltsbereichen werden Wasserpfeiffen geraucht – ein eigentümlich anmutender Geruch verbreitet sich (was da wohl drin ist…?). Ein Stimmengemisch aus arabisch und französisch, Männer mit Flip-Flops und Adidas Hosen; Tastentelefone anstatt Smartphones…. - die Reise hat begonnen.
Am Montagabend gegen 18:30h legt die Fähre in Tanger Med an, dem neuen Fährterminal etwas außerhalb gelegen. Eine nicht wirklich
transparente und etwas chaotisch anmutende Einreiseprozedur nimmt ihren Lauf, bei der man einige vorher ausgefüllte Dokumente an verschiedenen Theken abstempeln lassen muss. Der Höhepunkt ist
dann das Kontrollieren und Einsammeln aller Strassenkarten der Einreisenden, sofern darauf die Westsahara mit einem Grenzverlauf zu Marokko enthalten ist. Das kommt hier wohl nicht gut an…
Mein Versuch meine Karte zu retten, indem ich den unteren Teil mit der fraglichen Demarkationslinie einfach abreiße, scheitert ☺. In Tanger übernachte ich im Hotel Continental direkt in der
Altstadt gelegen. Es versprüht den Charme eines ehemaligen Grand Hotels und mein riesiges Zimmer mit Salon verstärkt diesen Eindruck. Das Motorrad ist auf dem abgeschlossenen Innenhof
sicher abgestellt. Das Frühstück auf der grossen Terrasse ist in Ordnung (frische Erdbeeren!) und der Blick über die Bucht fantastisch.
Die ca. 500 km lange Fahrt nach Fes führt über Chefchauen (die Blaue Stadt). Nach einer Kaffeepause und einer kurzen Stadtbesichtigung per Motorrad, geht es über meist gut ausgebaute Landstrassen dem Tagesziel entgegen.
Die Übernachtung in Fes im „Maison Famille Tazi", einem familiengeführten Riad mitten in der Medina (Altstadt) hat den Vorteil, kein Fahrzeug zu benötigen – das ist aber auch gleichzeitig der Nachteil.… Ohne Guide hätte ich die Adresse nicht gefunden – so sind Straßennamen in der Medina die große Ausnahme. Die Gassen sind teilweise so eng, dass mit Motorrad und Gepäck kein Durchkommen ist. Also das Motorrad auf den bewachten Parkplatz und dann mit dem kompletten Gepäck 15 Min. durch mit Menschenmassen überfüllte Altstadtgassen dem Guide hinterhergerannt…. Bei den folgenden Übernachtungen achte ich auf Parkmöglichkeiten… Ich laufe den ganzen Tag durch die Medina und entdecke hinter jeder Ecke etwas Neues. Kesselflicker, Scherenschleifer, Essensstände, Gerberviertel, Wollfärberviertel… ein Fest für alle Sinne. Durch die Vordächer und Zeltplanen läuft man meist im Schatten, was angesichts der sommerlichen Temperaturen recht angenehm ist.
Beim Fotografieren in Marokko mache Ich persönlich gute Erfahrungen, wenn ich beim Leute-Fotografieren vorher frage. Meist ist das kein Problem – und falls doch, respektiere ich das. Ein selten gefordertes Trinkgeld lehne ich ab und verzichte dann lieber.
Das Frühstück auf der Dachtrasse der Familie Tazi ist exzellent und man kann den Blick über die Altstadt schweifen lassen. Auch abends sitzt es sich hier entspannt und man kann den Geräuschen der Stadt bis spät in die Nacht lauschen… Vom Hügel oberhalb der Stadtmauer hat man einen hervorragenden Blick über die mittelalterliche Stadt. Der Rauch aus unzähligen Kaminen legt sich gemeinsam mit dem Morgendunst wie ein Schleier über Fes.
Die Reise geht weiter über Irfane, welches auch bei marokkanischen Touristen beliebt ist. Im Winter wegen der Skilifte und im Sommer wegen der frischen Luft. Nach insgesamt ca. 500 km auf kleinen Landstraßen komme ich abends müde und erschöpft, aber glücklich in Merzouga an. Hier beginnt die Erg Chebbi - eine Sandwüste, welche bereits zur Sahara zählt. Das „Lac du Sahara“ ist meine Bleibe für die Nacht – eine sehr einfache Unterkunft – und unter Preis-/ Leistungsaspekten scheint es in der direkten Nachbarschaft bessere Übernachtungsmöglichkeiten zu geben (wie ich am nächsten Tag feststelle). Oder ich bin einfach zu müde und erschöpft um noch ordentlich feilschen zu können ☺. Das Essen abends war auf jeden Fall lecker und während meine Füsse den warmen Wüstensand spüren, nehme ich teil an einem unvergesslichen Schauspiel, als sich der Vollmond langsam über der Wüste erhebt und die Dünen in ein silbriges Licht taucht. Irgendwann falle ich todmüde in einen tiefen Schlaf. Um 5:30h ist die Nacht schon wieder vorbei. Ich laufe einfach grob in Richtung Osten in die Wüste – mein Ziel ist, den Sonnenaufgang von der großen Düne aus zu erleben. Wieder ganz großes Kino was die Natur hier auffährt …
Als um 8:30h die Wüste „bebt“ – vom Geräusch von zig Sportenduros, Quads, Geländewagen, sitze ich schon wieder auf dem Motorrad und trage meine Bilder der Wüste in mir…
Über Rissani, Erfoud, Tinghir reise ich ca. 350 km nach Boulmaine du Dades, dem Eingang zur Dades Schlucht. Bei Temperaturen von über 30°C wünsche ich mir meinen Sommer-Motorradanzug… Die Sanddünen sind längst einer Steinwüste gewichen, durch die sich hervorragend auch mit der schweren BMW fahren lässt.
Das Hotel Xalucca ist ausgebucht. Aber mit dem „Le Soleil Bleu“ habe ich eine hervorragende Alternative gefunden. Abends gibt es CousCous mit Rosinen, zubereitet in der Tajine - sehr lecker. Ich lerne Marcel aus Dijon und seinen Freund Hassan kennen und wir quatschen die halbe Nacht auf deutsch und französisch. Marcel will mir auch eine Tajine kaufen und dafür sorgen, das sie mich in Deutschland erreicht. Er kennt jemand, der jemand kennt…. sie stand tatsächlich einige Monate später vor meiner Haustüre (merci cher ami).
Das Tankstellennetz auf den Hauptrouten ist gut ausgebaut und man braucht nicht wirklich einen 40L-Tank… Vor längeren Etappen oder wenn sich die Möglichkeit bietet, empfiehlt es sich aufzutanken. Überrascht war ich, als die einzigste Tankstelle in der Stadt abends um 20:00h (werktags) schließt. Am darauffolgenden Morgen breche ich ohne Gepäck auf ins Dades Tal. Über viele Kurven geht es immer höher in das Gebirge des hohen Atlas. Grau und braun sind die bestimmenden Farben - nur die intensiv landwirtschaftlich genutzen Grünstreifen neben den Flüssen sind grün. Mir bleibt schleierhaft wovon sich die Menschen in dieser kargen Gegend ernähren. Die tiefen Täler mit den steilen Abstürzen erinnern ein wenig an den Grand Canyon. Die meiste Zeit bin ich alleine unterwegs, selten ein Fahrzeug. In den Dörfern viele zerlumpt gekleidete Kinder. Immer wenn ich Kinder sehe, halte ich an… Und aus 3, 4 Kindern werden in wenigen Minuten Menschenansammlungen, die sich über Kleinigkeiten aus dem Tankrucksack freuen.
Ich wähle die geschotterte Verbindungspiste über das Gebirge und komme am Nachmittag in der Todra-Schlucht an, einem weiteren
landschaftlichen Highlight.
Abends wieder im Hotel treffe ich die Entscheidung meine Reise abzubrechen... Die Antibiotika, welche ich seit mehreren Wochen einnehme, ist seit 2 Tagen aufgebraucht und mein Bein ist wieder
kräftig geschwollen und heiß. Mit marokkanischen Provinz-Krankenhäusern habe ich keine Erfahrung und will das auch nicht ändern... Da mein Motorrad entweder mit ausreisen muss oder unter
Zollverwahrung in Marokko bleibt, entscheide ich mich für die zügige Ausreise: Nach Tanger und dort mit der Schnellfähre nach Tarifa / Spanien. Weiter nach Malaga und dort mit dem Flieger in die
schwäbische Heimat. „Wenn Sie Fieber bekommen, sollten sie sich beeilen“– der Hinweis meins Hausarztes ist noch präsent ☺. Inshallah.
Die ca. 340 km lange Fahrt nach Marrakesch führt über eine Piste nach Ait Ben Haddou, eine aus vielen Spielfilmen bekannte Stadt. Die Strasse geht irgendwann in eine Lehmpiste über. Bei Regen soll diese nicht passierbar sein, was ich gerne glaube. Die Piste mündet später auf die gewundene Bergstraße zum Tizi n`Tichka Pass. Von da geht es in endlosen Kurven in die Ebene nach Marrakesch. Abends besuche ich den Platz der Gehenkten "Jemaa el-Fna". Der riesige Platz ist voll von Menschen, welche lokale Speisen an einem der jeden Abend neu aufgebauten, unzähligen Garküchen und Essensstände genießen. Oder man lauscht den vielen Musikern welche ihr Liedgut gegen eine kleine Spende zum Besten geben…
Nach 670 km meist über Autobahn komme ich am nächsten Tag abends in Tanger an. Ich übernachte wieder im Continental. Nachts plane
ich noch eine Route für den nächsten Tag…
Am nächsten Morgen bringt mich die Schnellfähre in ca. 35 Min. von Tanger (alter Hafen) nach Tarifa / Spanien. Auf kleinen, meist kurvigen Straßen genieße ich die Fahrt durch Andalusien. In der Nähe von Malaga liegt das „Casa Don Carlos“, wo ich herzlich aufgenommen werde. Die Jungs sind nicht nur zuvorkommende Gastgeber, sondern auch hervorragende Köche.
Vom heimatlichen Flughafen werde ich direkt zum Notfall-Chirugen gefahren. Nach einer kurzen Untersuchung wird ein OP-Termin vereinbart. Als ich zur OP erscheine, ist dann wieder alles anders…Inshallah. Aber das ist schon wieder eine andere Geschichte….
Reiseplanung: Grundsätzlich schadet es nicht, sich auf eine Reise vorzubereiten. Mit Reiseführern wie Reise-Know How (den hatte ich) oder Lonely Planet erhält man viele Tips und Informationen. Dazu noch eine Strassenkarte von Marokko zur Orientierung und zur groben Planung der Reiserouten. Die Beschreibungen der Motorrad-Tourenanbieter geben meist auch recht gute Anhaltspunkte zu „must dos“ und möglichen Reiserouten. Hotels buche ich jeweils abends für den nächsten Tag online (z.B. booking.com). Das ermöglicht bei der Reiseplanung flexibel zu bleiben. Wlan-Zugang ist oft vorhanden. Die Route und mögliche Optionen waren grob vorausgeplant. Die Tageskilometerleistungen orientieren sich dabei deutlich unter dem „deutschen Autobahnschnitt“. Wo ich dann wie lange bleibe lasse ich offen, um auf mögliche Reiseimpulse vor Ort reagieren zu können.
Motorrad: grobstolliges Enduroprofil (Mitas MT10 Dakar), da ich auch Piste fahre. Dieser Reifen bietet aber auch auf Teer erstaunlich gute Fahrleistungen – lediglich beim scharfen Einbremsen in Schräglage sind der Haftung natürlich Grenzen gesetzt. Vorne und hinten haben zu meiner Überraschung jeweils 6.000 Km gehalten! Aber wenn man nur auf der Straße bleibt, reicht auch Straßenprofil vollkommen aus. Eine Seitenständer-Verbreiterung (Touratech) leistet in Sand oder anderem weichem Untergrund sehr gute Hilfe. Die Gepäckunterbringung erfolgt in Touratech Zegaboxen, einem großen Touratech Tankrucksack, einer Ortlieb Reisetasche (wasserdicht). Ein kleiner, elektrischer Kompressor vereinfacht das Anpassen des Reifendrucks zwischen Straße/Piste. Eine Bordsteckdose mit einem USB Ladeadapter ermöglicht das Laden des Smartphones auch während der Fahrt.
Navigation: Garmin Zumo 660 mit Touratechhalter. Die Marokko-Karte von Open Street Map hat tadellos funkioniert. Ergänzt um die Michelin Straßenkarte 1:1mio wegen der Übersicht. Wer längere Pistenabschnitte und Schottereinlagen plant, sollte das besser mit einem Partner machen oder sich einen Tourguide leisten bzw. sich einer Gruppe anschließen. Anregungen und GPS-Routen gibt’s bei MDMOT.
Laptop verwende ich zum Sichern der Bild- und Videodateien sowie zum Planen der genauen Reise-Routen. Mit den 4 USB Anschlüssen können auch diverse Akkus geladen werden, da die Anzahl der Steckdosen manchmal etwas limitiert ist. Speziell in einfacheren Unterkünften schadet es sicher nicht, auch eine Mehrfachsteckdose dabei zu haben.
Kamera: Nikon DS5300 mit Nikon 18-200 Objektiv, kompaktes Reisestativ von Togopod, Gopro 3 Action Cam.
Smartphone für Schnappschüsse sowie Notfall-Infos (Notfallnummer, ADAC, Motorradhändler…)
Sonstiges: Ein Großteil meines Gepäcks besteht aus Kinderkleidern, Spielsachen, Stiften, Luftballons, etc. Diese finden im Laufe der Reise ihre Empfänger in den entlegeneren Berberdörfern.
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